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Ralf Gnerlich macht gestörte Bauabläufe digital sichtbar
„In den Medien sind sie dauerpräsent: Großbauprojekte, die sich verzögern und immer teurer werden. Der Berliner Flughafen BER und Stuttgart 21 sind sehr bekannte Beispiele. Wer für die Störung des Bauablaufs verantwortlich ist und die daraus resultierenden Mehrkosten tragen soll, kann im Nachhinein oft nur schwer nachvollzogen werden. Zu viele Akteure sind beteiligt, zu viele Baumaßnahmen treffen aufeinander. Als Bauingenieur habe ich selbst schon ein Großbauprojekt als Bauleiter begleitet. Mir sind die komplexen Sachverhalte auf Baustellen bekannt.
Um die vertragsrechtlichen Ansprüche aus gestörten Bauabläufen voneinander zu trennen, kommen gerade bei komplexen Sachverhalten Gutachten zum Einsatz. Doch die Ausarbeitung solcher baubetrieblicher Gutachten kann mit den bisherigen Methoden aufwendig und teilweise unübersichtlich sein. Hier setzt mein Forschungsthema an: In meiner Dissertation am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen habe ich ein digitales Nachweisverfahren entwickelt, das gestörte Bauabläufe rekonstruiert, indem sie in plausibilisierte Einzelschritte zerlegt werden. Darüber hinaus strukturiert es die Berechnungsergebnisse für eine nachvollziehbare Zusammenstellung vor. Dabei werden auch die dokumentierten Sachverhalte einbezogen.
Den Ausgangspunkt bildet das sogenannte Building Information Modeling (BIM), das ab 2020 in der internationalen Bauwirtschaft standardmäßig zum Einsatz kommen soll. Hier dient in der Regel ein digitales Bauwerksmodell als Grundlage, das einen ganzheitlichen Zugriff auf seine virtuellen Bauteile ermöglicht. Neben Informationen über die Bauteilgeometrie oder Bauteilmaterialien lassen sich mit einem solchen Modell unter anderem auch komplexe Produktionsschritte sehr anschaulich abbilden. Doch nicht nur das: Der entwickelte Simulator konkretisiert den Soll-/Ist-Bauablauf und ist bei einer sachlogischen Hinterfragung der dokumentierten Störungen behilflich. Gleichzeitig ist ein Zugriff auf alle dazugehörigen Dokumente und Daten möglich.
Was mich an meiner Forschungsarbeit reizt, ist die Vielseitigkeit. Bei der Entwicklung des Analysewerkzeugs für baubetriebliche Gutachten treffen gleich mehrere, für mich sehr spannende Themen aufeinander: Baubetrieb, Programmierung und Vertragsrecht.“