28.06.2018 | Pressemitteilung

Moleküle als Quantenbits: Land Hessen fördert neuen LOEWE-Schwerpunkt

Ein grundlagenorientiertes und interdisziplinäres Projekt zur Entwicklung eines neuen Konzepts für Quantencomputer an der Universität Kassel erhält eine millionenschwere Förderung im Rahmen der Landesoffensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE). Das gab Wissenschaftsminister Boris Rhein heute (28. Juni) in Wiesbaden bekannt.

Bild: Blafield.
Prof. Dr. Johann Peter Reithmaier.
Bild: Uni Kassel.
Schematische Illustration eines Photonikchips, bei dem einzelne Moleküle optisch mit Lichtteilchen (Photonen) gekoppelt sind. Ein solches wenige Nanometer großes Molekül ermöglicht die Speicherung einer Quanteninformationseinheit (QuBit) und ist verankert auf der Oberfläche des Photonikchips (roter Punkt) innerhalb einer optischen Mikrokavität. Optische Wellenleiter, die die Photonenkopplung zwischen Mikrokavitäten herstellen, sind hier der Einfachheit nicht dargestellt.

Das Projekt, das vom Fachgebiet Technische Physik (Prof. Dr. Johann Peter Reithmaier) am Institut für Nanostrukturtechnologie und Analytik der Universität Kassel (INA) koordiniert wird, untersucht neue Konzepte in der Quantentechnologie, bei denen speziell synthetisierte Moleküle die Basis darstellen zur Speicherung einer Quanteninformation (Quantenbit). Dazu soll eine hybride Technologieplattform auf der Basis eines Photonikchips realisiert werden, auf der einzelne Moleküle miteinander über Licht verknüpft werden – einem Elektronikchip ähnlich, bei dem aber die Leiterbahnen aus miniaturisierten Lichtwellenleitern bestehen und die Speicherzellen aus einzelnen Molekülen. Dies wäre eine Basis für skalierbare Quantenprozessoren, die konventionellen binären Rechnersystemen weit überlegen wären.

„Dazu müssen grundlegende Fragen beantwortet werden“, so Reithmaier: „Wie kann man Moleküle als Träger für eine Quanteninformation einsetzen? Wie kann deren Wechselwirkung mit der Umgebung kontrolliert werden, damit sowohl die Information nicht verloren geht, aber auch kontrolliert übertragen werden kann auf räumlich getrennte, aber identische Moleküle? Hier kommt einem die Natur entgegen, indem man auf molekularer Basis tatsächlich auf atomarer Ebene identische Moleküle synthetisieren kann.“ Insofern wäre dieses neue Konzept prinzipiell auch den momentan von großen Firmen wie IBM, Google oder Microsoft favorisierten Konzepten für Quantencomputer auf der Basis von supraleitenden Quantenchips weit überlegen. „Allerdings nur dann, wenn es auch gelingt diese Moleküle ebenfalls auf Chipebene auf eine Festkörperplattform zu integrieren“, so Reithmaier. Gelingt es in diesem Projekt erstmals eine quantenoptische Kopplung von Molekülen, steht der Weg offen, mit vielen solcher Quantenbits den Komplexitätsgrad bis zu anwendungsrelevanten Größenordnungen hoch zu skalieren. Für die Realisierung eines praktikablen Quantencomputers müssen allerdings noch viele weitere grundlegende Fragen beantwortet werden.

Das LOEWE-Projekt "SMolBits" wird von einem interdisziplinären Team bearbeitet, das sich aus dem "Center of Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology (CINSaT)" gebildet hat und aus den folgenden Gruppen besteht: Technische Physik (PD Dr. Mohamed Benyoucef / Prof. Dr. Johann Peter Reithmaier), Synthesechemie (Prof. Dr. Rudolf Pietschnig), Experimentalphysik I (Prof. Dr. Kilian Singer), Experimentalphysik III (Prof. Dr. Thomas Baumert), Theoretische Physik III (Prof. Dr. Christiane Koch) und der Theorie der Elektrotechnik und Photonik (Prof. Dr. Bernd Witzigmann).

Das Land Hessen fördert "SMolBits" über vier Jahre mit ca. 4,4 Mio Euro. Start ist der 1. 1. 2019.

Der Präsident der Universität Kassel, Prof. Dr. Reiner Finkeldey, gratulierte den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und sagte: „Der Erfolg ist Rückenwind bei unserem Vorhaben, die Universität Kassel in der Spitzenforschung breiter aufzustellen.“

Die Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz – kurz LOEWE – ist ein Programm, mit dem das Land Hessen seit 2008 die Forschungslandschaft stärkt und herausragende wissenschaftliche Verbundvorhaben fördert.


Kontakt:
Prof. Dr. Johann Peter Reithmaier
Universität Kassel
Fachgebietsleiter Technische Physik
Direktor des Instituts für Nanostrukturtechnologie und Analytik (INA)
Sprecher des Centers of Nanostructure Science and Technology (CINSaT)
Tel.: +49 (0) 561 804-4430
E-Mail: jpreith[at]ina.uni-kassel[dot]de

Sebastian Mense
Universität Kassel
Kommunikation, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 561 804-1961
E-Mail: presse[at]uni-kassel[dot]de
www.uni-kassel.de