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30.10.2024

Forscher*innen des Kassel Institute for Sustainability bei der Konferenz des Global Land Programme (GLP) in Oaxaca

Das Kassel Institute for Sustainability wird bei der Konferenz des Global Land Programme’s „Pathways to Sustainable and Just Land Systems“ vom 4. bis 8. November 2024 in Oaxaca, Mexiko, durch Felix Krawczyk, Benjamin Stuch, Roman Hinz, Kira Fastner, sowie den PhD-Gaststudenten Famoussa Dembele vom West African Science Service Center on Climate Change and Adapted Land Use (WASCAL) vertreten. Das Team wird verschiedene Forschungsarbeiten zu nachhaltiger Landnutzung und sozial-ökologischen Transformationen präsentieren. Die Konferenz ist eine der wichtigsten internationalen Plattformen für den Austausch über nachhaltige Landnutzungssysteme und zielt darauf ab, Wege für gerechte und ökologische Zukunftsmodelle zu erforschen.

Die Forscher*innen halten Vorträge zu verschiedenen Landnutzungsthemen. Dabei sind Felix Krawczyk und Benjamin Stuch aktiv in die Organisation und Moderation einer Session mit dem Titel „Exploring Alternative Futures in Land Use Models: Community Engagement and Social Movement led Deep Transformations“ eingebunden. Diese Session zielt darauf ab, neue Wege für transformative Landnutzungssysteme zu erörtern und gemeinschaftsbasierte Ansätze zur Lösung sozial-ökologischer Krisen aus verschiedenen Weltregionen vorzustellen.

Schwerpunkt der Session: Transformative Landnutzung

Felix Krawczyk: “Mit der Session wollen wir eine Debatte über positive und wünschenswerte Landnutzungszukünfte und deren wissenschaftlich Beforschung anstoßen.”

In ihrer Session laden die Forscher zu einer interdisziplinären Diskussion über alternative und transformative Landnutzungszukünfte ein. Ziel ist es, Perspektiven aufzuzeigen, wie multiple sozial-ökologische Krisen durch partizipative Ansätze und lokale Graswurzelbewegungen bewältigt werden können. Dabei werden Machtverhältnisse hinterfragt und durch stärkeres Stakeholder-Engagement transformative Impulse für eine erstrebenswertere Zukunft angeregt. Der Ansatz soll insbesondere lokale Akteure einbinden, deren Wissen und Visionen auf regionalen Erfahrungen beruhen, um Landnutzungssysteme nachhaltig zu transformieren.

Vortrag von Felix Krawczyk: Landnutzungsmodelle in Krisenzeiten

Felix Krawczyk (Arbeitsgruppe Human-Environment Interaction und GRID) beleuchtet in seinem Vortrag „Land use modelling in times of multiple interacting crises“ die Rolle von Landnutzungsmodellen angesichts der miteinander verknüpften globalen Krisen, wie Klimawandel, Biodiversitätsverlust und soziale Ungleichheiten. Er hinterfragt die Normativität von Modellen und wie Machtverhältnisse und ideologische Annahmen den Rahmen der vorstellbaren Zukünfte einschränken. Krawczyk plädiert dafür, Landnutzungsmodelle zu nutzen, um die Grenzen des Möglichen zu erweitern und tiefgreifende gesellschaftliche Transformationen zu fördern.

Vortrag von Benjamin Stuch: Nachhaltige Zukunftsszenarien für den Amazonas

Benjamin Stuch präsentiert in seinem Vortrag mit dem Titel „Participatory modelling of alternative land-use futures and socio-environmental impacts in Southwestern Amazonia“ die Ergebnisse eines inter- und transdisziplinaren Forschungsprojektes für das Grenzgebiet von Brasilien, Peru und Bolivien. Diese Forschung basiert auf partizipativen Szenarien und einem integrativen Modellsystem, welches ein Klimamodell mit einem am Kassel Institute for Sustainability (Forschungsgruppe GRID) entwickelten Landnutzungsmodell, kombiniert. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl „Bottom-up“- als auch „Top-down“-Ansätze zu stabilisierenden Effekten in der Region führen können, während eine Marktliberalisierung mit Ausdehnung westlichen, „modernen“ Agrarsystemen, negative Auswirkungen auf das regionale Klima und das sozial-ökologische Gleichgewicht hat. Der Vortrag betont, dass regional angepasste, traditionelle Landnutzungspraktiken, wirtschaftlich stärker integriert werden sollten, um positive ökologische sowie soziale Wendepunkte zu erreichen.

 

Vortrag von Roman Hinz: Nachhaltiger Klimaschutz für Ghanas Landwirtschafts- und Forstsektor

Der Landwirtschafts- und Forstsektor in Ghana steht durch den Klimawandel vor erheblichen Herausforderungen, die dringende Maßnahmen erfordern. In seinem Vortrag präsentiert Roman Hinz (Arbeitsgruppen GRID und Nachhaltige Landnutzung und Klimaschutz) die Notwendigkeit, globale sozioökonomische Szenarien mit Klimaszenarien und lokalem Wissen zu verknüpfen, um wirksame Klimaschutzstrategien zu entwickeln. Im Rahmen dieser Studie wurden über 30 Expertengespräche und 8 Fokusgruppen mit Vertretern aus Regierungsbehörden, NGOs, ländlichen Gemeinden und weiteren relevanten Akteuren durchgeführt. Dabei wurden zentrale Themen wie ungleicher Zugang zu Ressourcen, Landnutzungsrechte, die potenzielle Verdrängung indigener Gemeinschaften und die unzureichende Anerkennung traditionellen Wissens eingehend erörtert. Auf Grundlage dieser qualitativen Daten werden angepasste Zukunftsszenarien entwickelt, die aufzeigen, wie der Sektor auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren kann und welche Auswirkungen auf die Landnutzung sowie die Umwelt zu erwarten sind. Die modellgestützte Analyse dieser Szenarien zielt darauf ab, fundierte und nachhaltige Klimaschutzstrategien für Ghana zu formulieren, die sowohl soziale Gerechtigkeit als auch ökologische Integrität berücksichtigen. Dies stellt einen wichtigen Schritt in Richtung Klimagerechtigkeit und langfristiger Resilienz dar.

Vortrag von Kira Fastner: Urbanisierung, Landnutzung und Lebensmittelkonsum in Westafrika

Kira Fastner aus der Arbeitsgruppe OPATS wird in ihrem Vortrag „Urbanization and Food Consumption in West Africa“ die Auswirkungen der raschen Urbanisierung in Westafrika auf landwirtschaftliche Flächen und den Lebensmittelkonsum am Beispiel von Ghana und Niger darstellen. Ihre Forschungsaktivitäten zu diesem Thema umfassen Auswertungen von Satellitenbildern zu Landnutzungsveränderungen, Daten zu Lebensmittelflüssen und Umfragen vor Ort. Zu erkennen sind unterschiedliche Muster im Konsum und Zugang zu Lebensmitteln zwischen urbanen, peri-urbanen und ländlichen Regionen. Besonders einkommensschwache peri-urbane Bevölkerungen sind von der Ausweitung bebauter Flächen, den damit verbundenen Landnutzungskonflikten zwischen Wohn- und Ackerland sowie steigenden Lebensmittelpreisen betroffen. Ländliche Randgebiete im Norden Nigers wurden an wachsende städtische Märkte in den Küstenregionen Westafrikas, wie z. B. Accra in Ghana, angeschlossen, was zu einem verstärkten Anbau von Marktfrüchten geführt hat. Hier zeigt sich, dass die traditionelle Subsistenzwirtschaft an Bedeutung verliert, während importierte Grundnahrungsmittel wie Reis und Hartweizenprodukte vermehrt konsumiert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Maßnahmen für nachhaltige Lebensmittelsysteme und Ernährungssicherheit in Westafrika stärker in die Steuerung von Urbanisierungs- und Landnutzungsveränderungen integriert werden müssen.

 

Vortrag von Famoussa Dembele: Schwindende Wälder in Ghana – Neue Studie zeigt Bedrohung für das Bobiri-Waldreservat und betont die Bedeutung von Schutzmaßnahmen

Famoussa Dembele, bis vor kurzem PhD-Gaststudent am Kassel Institute for Sustainability, Center for Environmental Systems Research (CESR), präsentiert auf der Konferenz eine neue Studie zu den Landnutzungs- und Vegetationsveränderungen im Bobiri-Waldreservat (BFR) in Ghana. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die wachsende Nachfrage nach landwirtschaftlicher Fläche und Rohstoffen zu einem deutlichen Verlust natürlicher Vegetation führt. Zwischen 1986 und 2022 nahm die geschlossene Waldfläche im Bobiri-Gebiet signifikant ab, während Ackerland und Mischvegetation zunahmen. Besonders betroffen ist die 10-Kilometer-Pufferzone um das Schutzgebiet, die eine jährliche Abholzungsrate von 0,64 % verzeichnet. Die Studie hebt die Dringlichkeit von Schutzmaßnahmen hervor, um die natürlichen Ökosysteme und die CO₂-Speicherfunktion dieser Gebiete zu erhalten und den globalen Klimawandel zu bekämpfen.